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Auf den Spuren von César Manrique quer durch Lanzarote

In Lanzarote die Ferien zu verbringen und nicht die Spuren des Künstler und Architekten César Manrique zu kreuzen ist nahezu unmöglich. Doch sind nicht nur seine sichtbaren Kunstwerke gemeint, sondern auch sein für die beliebte Ferieninsel wichtiges Konzept die Harmonie zwischen Natur und Kunst herzustellen. Das Leben des Künstlers und Umweltschützers César Manrique César Manrique erblickte am 24. April 1919 in Arrecife, der Hauptstadt von Lanzarote, das Licht der Welt. Nach Beendigung seiner Schulzeit schloss César Manrique sich im Spanischen Bürgerkrieg den Truppen Francos an. Im Jahre 1939 kehrte er nach Lanzarote zurück und begann ein Studium in San Cristóbal ehe er nach Madrid, um Malerei zu studieren, zog. Im Jahr 1964 zog es ihn nach New York, wo er einige der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler kennenlernte. Vier Jahre später kehrte César Manrique auf seine Heimatinsel zurück. Zu jener Zeit wurde die Insel von den ersten Touristen entdeckt. Zusammen mit seinem Jugendfreund Pepin Ramirez Cerdá, der inzwischen Präsident der Inselregierung war, erarbeitete er ein künstlerisches Konzept, mit dem es gelang, die Insel vor weitgehend von grösseren Auswirkungen des Tourismus-Booms zu bewahren. Die Harmonie zwischen Natur und Kunst war für ihn von wichtigster Bedeutung. Diese Konzeption erkennt man auch an seinem Haus, das er am 2. Oktober 1968 in Tahiche erbaut hatte. Im Jahr 1982 gründete er die Fundación César Manrique. Im Jahr 1988 überliess er das Haus dieser Stiftung und zog nach Haría. Am 25. September 1992 starb César Manrique bei einem Verkehrsunfall in unmittelbarer Nähe seiner Stiftung. Sein schlichtes Grabmal befindet sich auf dem Friedhof in Haría. An vielen Stellen der Vulkaninsel kann man seine Werke sehen, oft sind es Windspiele oder andere kinetische Objekte, die auf Verkehrskreiseln stehen. Nur ein einziges Hochhaus auf Lanzarote Ihm ist es mit zu verdanken dass es auf der gesamten Insel trotz Massentourismus nur ein einziges Hochhaus gibt. Hochhäuser sind ebenso verboten wie Reklametafeln in grellen Farben. Dafür findet man zahlreiche Häuser im traditionellen Stil, die in Form und Farbe im Einklang zu ihrer natürlichen Umgebung passen. César Manrique verstand Kunst als enge harmonische Verbindung zwischen Mensch und Natur. Die Assoziation Aschehaufen und Trümmerfeld, die viele Touristen mit der Kargheit der Vulkaninsel Lanzarote verbinden, hatte César Manrique zeit seines Lebens missfallen. Er empfand seine Heimat als wilde und lebendige Naturschönheit, die er zur touristischen Besonderheit umgestaltete. Dem Künstler gelangen mehrere Touristenattraktionen für Lanzarote und benachbarter Inseln. Harmonie von Natur und Kunst Das Hauptmerkmal seiner architektonischen Kunst ist die Integration von Felsen, Stein und erstarrten Lavaströmen in einen harmonischen Wohn- und Lebensraum. Er nutzte die unbearbeiteten Naturmaterialien häufig im Kontrast mit runden, weichen, von Hand gestalteten Formen. Oft sind die Farben Schwarz und Grau (Lavagestein) und Weiss (Kalk und Lack) zu finden. Die Atmosphäre dieser Kunsträume wird meistens mit sinnlicher, meditativer Musik untermalt. Ausserhalb der Räume liess der Künstler auch auf Verkehrsinseln grosse Windspiele errichten, die vom Passatwind bewegt werden. Seine Gemälde sowie seine architektonischen Werke greifen die Symbiose von Mensch und Natur auf und veranschaulichen auf unterschiedlichste Weise die Naturschönheiten. So beliess er die Natur, wie sie war, und versuchte nur, ihre Schönheit künstlerisch einzurahmen, um sie hervorzuheben, damit sich andere Menschen an ihr erfreuen. César Manriques Stiftung Das unter touristischem Aspekt bedeutendste Werk César Manriques ist wohl das Gebäude seiner Stiftung im Ort Tahiche, das im Jahr 1968 erbaut wurde. Rein äusserlich erscheint das Gebäude, genannt Taro de Tahiche, mit seinen weissen Mauern und grün gestrichenen Holzteilen wie ein ganz normales Wohnhaus. Im Jahr 1988 zog César Manrique von Tahiche nach Haría und übereignete das Haus seiner 1982 gegründeten Stiftung. Nach einer Umgestaltung wurde das Haus 1992 als Sitz der Stiftung eingeweiht. Anlässlich des 50. Jubiläums der Grundsteinlegung seines Hauses in Tahiche lud die Fundación César Manrique die Öffentlichkeit am Abend des 2. Oktober 2018 zu einem Rundgang durch das Anwesen. Die Besonderheit des Hauses ist das Untergeschoss. Es besteht im Prinzip aus fünf Grotten, die bei den Vulkaneruptionen 1730 - 1736 durch Gasblasen in der Lava entstanden sind. César Manrique liess diese Grotten durch Gänge verbinden. In den Hohlräumen entstanden so eine Sitzecke, sein Atelier sowie ein riesiges Badezimmer. Die besondere Attraktion ist der bepflanzte Innenhof mit Schwimmbecken. Sicherlich hätte sich mancher Gast eine Abkühlung im künstlerisch gestalteten Pool gegönnt. Die Wohnräume im Obergeschoss werden als Museum genutzt, ausgestellt werden Zeichnungen und Gemälde des Künstlers, aber auch seine private Gemäldesammlung. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte im Bereich Kunst, Umwelt und Natur zu fördern. Die Stiftung ist jeweils von Juli bis Oktober von 10.00 bis 19.00 Uhr und im November bis Juni von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Am Sonntag ist die Fundación César Manrique jedoch nur bis 15.00 Uhr zu besichtigen. Kunst- und Kulturstätte Jameos del Agua Ein Jameo ist eine vulkanische Höhle, deren Decke eingestürzt ist. Solche Höhlen gibt es in vielen als Malpaís bezeichneten Lavafeldern. Die Jameos del Agua befinden zwischen den Ortschaften Arieta und Órzola. Jameos del Agua ist der Ort auf dem Planeten, an dem Natur und Mensch sich vereint haben. Denn César Manrique besass die Vorstellungskraft und das Geschick, um den Schutt des halb eingestürzten Daches der Vulkanröhre, durch den die Lava des Vulkans La Corona im Norden der Insel floss, in einen weltweit einzigartigen Ort zu verwandeln. Mit seiner Vision und seinen lebhaften Händen schuf er aus dem rauen schwarzen Basaltgestein einen Ort der Harmonie, der Schönheit, des Friedens und der Ruhe. Weiss, Azurblau, Grün und Schwarz, die Farben, die Manrique seiner Insel schenkte, vermischen sich auf einem einzigartigen Pfad von aussergewöhnlicher Schönheit, der Träume und Fantasie erwachen lässt. In jedem Winkel, vom bepflanzten Eingang, der in dem Grün grosser Farngewächse erstrahlt, in denen Singvögel ihr Lied anstimmen, bis zu dem originellen Konzertsaal, der aufgrund seiner geologischen und akustischen Eigenschaften weltweit einzigartig ist, ist jedes Detail von Jameos del Agua eine unablässige Einladung zur Innenschau, zum Nachsinnen und zum Träumen. Die Albinokrebse (Munidopsis Polimorpha), eine auf der Insel endemische Art, die immer von den Gezeiten mitgetragen werden, das türkisblaue Schwimmbecken, und der Túnel de la Atlántida, der sich im Azurblau des Atlantiks verliert – eine weltweit einzigartige Tierart – würden an der Rostbildung von Metallen leiden. Jameos del Agua ist das erste Zentrum für Kunst, Kultur und Tourismus, das César Manrique geschaffen hat, und für viele ist es der Inbegriff seines ästhetischen Ideals: der Harmonie zwischen der Natur und dem künstlerischen Schaffen. Kakteengarten Jardín de Cactus Es war die letzte grosse Intervention von César Manrique auf Lanzarote. Die Augen des kanarischen Künstlers sahen mehr als die heruntergekommene alte rofera, wie auf Lanzarote die Steinbrüche heissen, in denen Zuschlagstoffe abgebaut werden. Und so erschuf er hier einen ganz besonderen Ort für Kakteen aus allen Teilen der Welt. Umgeben von der grössten Kaktusplantage der Insel, auf der Cochinelle gewonnen wurde, ein Produkt, das für Lanzarote im 19. Jahrhundert von grosser wirtschaftlicher Bedeutung war, versammelt der Jardín de Cactus hier 4500 Exemplare von 450 verschiedenen Arten aus 13 Gattungen von fünf Kontinenten. Im Kontrast des Grüns der Pflanzen mit dem Blau des Himmels und dem Schwarz des Vulkans entsteht eine harmonische Explosion der Farben, die Besucher in ihren Bann zieht. Das Zwitschern der Singvögel und das unermüdliche Summen der Insekten, die hier das Leben in ihrer eigenen Oase geniessen, sind die einzigen Klänge, die in der friedvollen Stille dieses Ortes ertönen. Hohe Monolithen aus Vulkanasche, Spuren, die die Erinnerung an das, was der Ort einst war, weiterleben lassen, wetteifern mit Kakteen aus Amerika, Afrika und Ozeanien. Oben, auf einem kleinen Hügel, steht am Horizont eine der letzten Maismühlen der Insel, hier wurde der Mais für das traditionelle kanarische Getreidegericht Gofio gemahlen, das seine Ursprünge im 19. Jahrhundert hat. Aussichtspunkt Mirador del RíoIn einer Höhe von 400 Metern auf dem Risco de Famara ist der Mirador del Río eine der repräsentativsten architektonischen Kreationen von César Manrique, denn er sprüht vor künstlerischen und architektonischen Details und vor seiner Begeisterung, die Kunst und die Natur zu vereinen. Mit seiner Lage in der Nähe einer alten Militärbasis aus dem ausklingenden 19. Jahrhundert und inmitten der Felsen so meisterlich getarnt, wie es nur einem Genie wie Manrique gelingen konnte, überragt El Mirador die Meerenge El Río, die Lanzarote von La Graciosa trennt. Trotz seines unscheinbaren Äusseren überrascht das Innere des Gebäudes mit seinen sorgfältig gestalteten Details, seinen beeindruckenden Glasfenstern, den Augen des Mirador, die der Künstler so geformt hat, dass sie den Panoramaeffekt noch verstärken, und mit den monumentalen und originellen Skulpturen, die von der Decke hängen und die Schwerkraft zu überlisten scheinen. Vom Aussichtspunkt aus können Besucher die achte der Kanarischen Inseln, La Graciosa, betrachten, sowie alle anderen kleinen Inseln, die zum Naturpark des Chinijo-Archipels gehören, während zu ihren Füssen, unten am Risco-Kliff, die rötlichen Salzwerke von Río leuchten, die auch als Guza bekannt sind, die ältesten Salzwerkes der kanarischen Inselgruppe. Die Erschliessung des Mirador, die in Zusammenarbeit mit dem Architekten Eduardo Cáceres und dem Künstler Jesús Soto erfolgte, ist ein Glanzbeispiel für hervorragende technische Planung mit begrenzten Mitteln. Zuerst wurde die Fläche ausgehoben, im Anschluss das Gebäude errichtet und mit Vulkangestein beschichtet. Nationalpark Montañas del Fuego – TimanfayaIm Nationalpark Montañas del Fuego können Sie auf dem Mond spazieren gehen, ohne die Erde zu verlassen. Aus den fulminanten Vulkanausbrüchen, die den Süden Lanzarotes von 1730 bis 1736 heimsuchten, entstanden der Nationalpark Timanfaya und die Montañas del Fuego, mit ihrer kargen Schönheit und einem Farbenspiel aus Ockertönen, ein mitreissender Anblick für Besucher. Doch die Berge erscheinen nahezu klein verglichen mit dem imposanten und lebendigen Kunstwerk, das Manrique hier wieder in seinem ureigenen, harmonischen Zusammenspiel aus Mensch und Natur geschaffen hat. Aus der Tiefe der Erde erhebt sich majestätisch der Islote del Hilario, umgeben von einem 200 Quadratkilometer grossen Lavameer, das von 25 ruhenden Kratern durchzogen ist. Hier liess Manrique seine rastlosen Gedanken schweifen und hatte eine geniale Idee, um das Ödland zum Leben zu erwecken: das Restaurant El Diablo. Aus dieser aussergewöhnlichen Verschmelzung aus menschlicher Schöpfung und Natur entstand eines der zweifellos beeindruckendsten Kunstwerke der Welt. Während der Ofen im El Diablo die natürliche Hitze des Steins zur Zubereitung einzigartiger Gerichte nutzt, kocht direkt unter unseren Füssen, in einer Tiefe von zehn Metern, die Erde bei einer Temperatur von fast 300 Grad. Eine extreme Hitze, die an die Oberfläche dringt, Besucher erstaunen lässt und ihnen immer im Gedächtnis bleiben wird. Dank der Vermischung von Natur und Kunst in den Las Montañas del Fuego können Besucher in Sonderfahrzeugen die Vulkanroute entlang fahren und so ein einzigartiges Erlebnis inmitten der Naturwunder dieser einzigartigen Mondlandschaft geniessen. Weitere Werke von César Manrique sind unter anderem: Die Cueva de los Verdes, Monumento del Campesino, Casa Museo del Campesino (Bauernhaus in typisch lanzarotenischer Architektur) , LagOmar (in vulkanischem Steinbruch eingebettetes Anwesen, gemeinsam gestaltet mit Jesús Soto), Juguetes del viento (1992, Windspiel in der Mitte eines Kreisverkehres in Arrieta) sowie die Garten und Schwimmbadanlage des 5-Sterne-Hotels Las Salinas in Costa Teguise. Bericht Christina Uebelhart Fotos Matthias Uebelhart
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